Lumen Photography

Preisträger max40 – Junge Architektinnen und Architekten 2011

Haus Jones, 4 in 1 – Erweiterung eines Einfamilienhauses zum Vier-Generationen-Haus, Bad Camberg

Bad Camberg

Lumen Photography

Haus Jones, 4 in 1 – Erweiterung eines Einfamilienhauses zum Vier-Generationen-Haus, Bad Camberg

Bad Camberg
Projekt
Haus Jones, 4 in 1
Architekt
Dagmar Reinhardt, Alexander Jung, reinhardt_jung architektur und design in theorie und praxis, Frankfurt am Main/Sydney
Bauherr
Katja und Brian Jones

Ein charakteristisches Einfamilienhaus der 1960er Jahre im Taunus, Oberselters, wurde um 68 Quadratmeter erweitert. Vier Generationen leben hier: das Bauherrenehepaar, seine zwei Söhne sowie die Mutter und Großmutter der Bauherrin. Der Um- und Anbau des Hauses Jones zu einem Vier-Generationen-Haus machte es erforderlich, bestehende Räume und Qualitäten neu zu interpretieren. Im Mittelpunkt des Entwurfs steht das Miteinanderleben der Generationen einer Großfamilie, dafür wurden Kommunikations- und Begegnungsfelder konzipiert. So ist das Haus Jones als ein dynamischer Raum entwickelt worden, in dem Architektur als ein offener Prozess zwischen den Bewohnern verstanden wird.

Das Wesensmerkmal des Anbaus bildet eine mehrfach gefaltete Ebene, deren Flächen Innen- und Außenräume bildet. Diese Ebene ist an die Rückseite des Bestandsgebäudes angefügt, greift als Split-Level-System in den Bestand ein und formatiert das bestehende Raumgefüge um, kehrt es von innen nach außen. Durch diese Strategie der Überformung bleibt die klassische 1960er Jahre-Typologie bestehen, jedoch wird durch den Umbau das vormals „Serielle“ transformiert, das Haus wird zu einem Unikat.

Die gefaltete Ebene führt als Stahlbetonkonstruktion über das Stahlskelett und die Holzdeckung der Balkone zur leichten Haube des Daches, von der Linie zur Fläche und von dort zum Volumen. Sie ist damit sowohl raumbildendes als auch statisches Element des Entwurfs. Durch die mehrfache
Schichtung entstehen diskrete Nischen und Taschen. Das Prinzip „Faltung“ wird hier nicht als geometrische Übung benutzt, sondern im Sinne Deleuzes als Gleichzeitigkeit und Ineinandergreifen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, von Vorhandenem und Vorstellbarem. Raum wird zu einem komplexen Sich-Ineinanderfügen von unterschiedlichen, gefundenen und neuen Materialien, die eine Spannung freisetzen: mit Gabionen im Lichthof, dem handgeschmiedeten Geländer im bestehenden Treppenhaus, einer Tafelkreidewand in der Küche, mit Ornamenttapete und deren Projektion, Linoleummuster, einer Lichtfuge aus Glas und unbehandelten Sichtbetonwänden. Visuelle Verknüpfungen erschließen unerwartete Zusammenhänge, beispielsweise vom Arbeitszimmer über ein innenliegendes Oberlicht zum Kaminzimmer, das sich über Fassadenelemente und entfernbarem Eckpfosten temporär vollständig zum Garten öffnet.

Das Gebäude ist ein vielschichtiges räumliches Spiel zwischen Bestand und neuer Struktur, und verortet sich mit einem unabhängigen, leichten und zugleich kraftvollen Erscheinungsbild in einem homogenen, traditionellen Kontext.

Preisträger

max40 – Junge Architektinnen und Architekten 2011

Beurteilung der Jury

Der Anbau an ein Einfamilienhaus aus den 1960er Jahren überzeugt durch eine auf kleinem Raum geschaffene große Vielfalt an räumlichen Qualitäten mittels eines einfachen Prinzips der Faltung. Diese Qualitäten finden in den gewählten Materialien wie in der Ausarbeitung bis ins Detail ihre Entsprechung. Materialität, Raum und Konzept verbinden sich so zu einem stimmigen Ganzen. Die Jury würdigt zudem, dass der Bestand respektiert wird.